Nicht mehr staatenlos
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die Qual der Wahl
14. Dezember 2013
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Nun habe ich mich wieder beruhigt und die Kraft Euch von meinen letzten Erlebnissen zu berichten.

Nach 6 langen Wochen des Wartens war nun am Donnerstag der ersehnte Termin im Spital Balgrist.
Angeblich wollte mich der Chefarzt der Klinik persönlich sehen, um dann zu entscheiden ob ich dort operiert werde oder nicht.

Also haben wir uns mal wieder das Rollstuhlauto geliehen und uns auf den Weg gemacht. Obwohl ich die ganzen Tage vorher schon sehr angespannt war, war ich mir doch sehr sicher, dass ich mit einem OP-Termin nach Hause gehen würde.
Diesmal waren wir schon sehr früh da und haben noch einen Kaffee und eine warme Suppe zu uns genommen – hier die Bilder von meiner ersten Bündner Gerstensuppe (muss ich nicht wieder haben!).
Seit ich abgenommen habe, ist es mir ständig sehr sehr kalt. Ich glaube ich habe noch nie vorher in meinem Leben so gefroren wie in diesem Jahr – dabei hat der Winter noch nicht mal richtig begonnen.
Verkehrte Welt – andere Frauen in meinem Alter schwitzen – ich friere.

Aber ich schweife ab – wollte ich euch doch eigentlich von dem Termin berichten.
Mein Mann und ich wurden pünktlich ins Sprechzimmer gerufen, wo zu unserem Erstaunen bereits der Arzt, bei dem ich das letzte Mal war, auf uns wartete.
Vom Professor keine Spur!
Das Gespräch fing damit an, dass uns der Arzt ein weiteres Mal bestätigte, dass die OP sehr riskant sei.
Er hätte Bedenken wegen meines hohen Gewichtes – wobei er natürlich anerkennen würde, dass ich sehr viel abgenommen hätte, aber meine Knie sind halt nach wie vor (durch die Ödeme bedingt!) sehr dick und da wird es gar nicht einfach überhaupt das Knie zu „finden“.
Wir hielten dagegen, dass ich die ganzen sogenannten Wiederherstellungsoperationen (Entfernung der überschüssigen Hautlappen) noch vor mir hätte und ich dadurch ja auch noch mindestens 30 kg verlieren würde – also die Gefahr der Überlastung der Kniegelenke gar nicht gegeben sei – ich bin sicherlich nicht die erste dicke Patientin mit Knieprothesen und wenn man dann noch die 30 kg wegrechnet bin ich definitiv weit unter 90 kg und wir würden nicht verstehen wo das Problem sei.
Nun hatten wir ihm den Ball zugespielt!
Er hatte neue Argumente!
Die bevorstehenden OPs seien der Grund, dass er mich jetzt nicht operieren würde!!
Ich soll erst die Haut wegmachen lassen, dann würde er mich operieren!
Wir dachten bis zu dem Augenblick (er hatte ja immer damit argumentiert), dass das Gewicht ausschlaggebend sei.
NEIN! Nun war das Argument, dass die Hautoperationen eine sehr grosse Gefahr für Keime wären und er dieses Risiko nicht eingehen will.
So grosse Weichteiloperationen würden sehr oft nach aussen hin heilen, aber innerlich Bakterien streuen, die sich dann gern auf künstliche Gelenke setzen würden. Diese Art der Bakterien seien aber sehr schwer zu behandeln, da sie meist antibiotikaresistent seien.
Das Risiko sei ihm zu hoch, da ich auch nicht nur eine OP sondern mindestens 4-5 solche Operationen vor mir habe.
Natürlich versuchten wir ihm klar zu machen, dass es im Moment noch viel zu früh sei, die Haut zu entfernen.
Für gewöhnlich werden diese Eingriffe erst gemacht, wenn die Abnahme endgültig abgeschlossen und das Gewicht mindestens ein halbes Jahr stabil ist. Das dauert bei mir mindestens noch ein Jahr!
Ausserdem muss man für diese Operationen stehen können – die Chirurgen müssen sehen, wo sie die überflüssige Haut entfernen können und das dementsprechend anzeichnen.
Es ist auch nicht mit einer OP getan, sondern wie bereits geschrieben, sind es 4-6 Operationen die sich über 2-3 Jahre hinziehen.
Daraufhin meinte er nur, dann müssten die Kollegen eben mal umdenken und eine Möglichkeit finden mich früher zu operieren – er würde mich auf keinen Fall vorher operieren. Es sei mir natürlich unbenommen einen anderen Arzt zu finden – aber dann würde er sich über Erfahrungsberichte freuen!!
Uns verschlug es regelrecht die Sprache.
In diesem Moment hatten weder mein Mann noch ich Argumente – wir waren geplättet.
Plötzlich spielte das Gewicht keine Rolle mehr – sondern die überschüssige Haut war das Problem!!

Wir waren nicht nur enttäuscht, sondern fühlten uns in diesem Moment ziemlich verarscht, man verzeihe mir den Ausdruck, aber er trifft es nun mal am Besten!
DAS hätten sie uns auch am Telefon sagen können – dafür muss man Patienten nicht wochenlang hinhalten.
Uns kam es so vor, als ob dieser Arzt nur darauf gewartet hätte eine plausible Ausrede für eine Absage zu finden und mit unserem Hinweis auf die Haut-Ops lieferten wir sie ihm. Das Gespräch dauerte keine 5 Minuten und wir wurden wieder herauskomplimentiert. Auf diese 5 Minuten hatten wir wochenlang gewartet und dafür mussten wir extra nach Zürich fahren? Waren wir im falschen Film?

Für mich ging in diesem Moment meine Welt unter – ich war wütend und immens traurig. All meine Ziele, Wünsche und Pläne – was soll aus ihnen werden?

Um ehrlich zu sein, ich bin verzweifelt!! Das kanns doch nicht sein!! Mir geht es gesundheitlich so gut wie nie vorher in meinem Leben – wenn man von meinen Knien absieht –  und nun das!
Gestern war ich nur am Heulen – bin in Selbstmitleid versunken.
Ich habe noch meinen Hausarzt um ein Gespräch gebete.
Auch er meint, dass es Quatsch ist auf die Hautoperationen zu warten.
Risiken hat es bei jeder OP und Komplikationen kann es immer geben – aber man kann sie, falls sie auftreten, auch gut behandeln.
Er machte mir klar, dass es nun an der Zeit ist, endlich um Hilfe zu bitten.
Ich soll Rente beantragen, denn nur dann bekomme ich die benötigten Hilfsmittel bezahlt oder zumindest einen Zuschuss.
Bisher haben wir alles aus eigener Tasche bezahlt, aber langsam stossen wir an unsere Grenzen. Behindert sein ist teuer – erst recht in der Schweiz!
Keiner macht sich klar, was es für uns bedeutet (von den permanten Schmerzen rede ich schon lange nicht mehr!) noch weitere Monate und Jahre auf die OP zu warten. So arbeitet mein Mann zum Beispiel nur noch Teilzeit – es ist schwierig wenn ich ganz allein bin.
Mein jetziger Rollstuhl ist gemietet und zu breit, dass ich mich innerhalb der Wohnung frei bewegen kann.
Ausserdem ist er nicht für weite Strecken und unebene Strassen oder Steigungen geeignet.
Bisher haben wir immer an den nötigen Hilfsmitteln „gespart“ weil wir dachten, diese seien zu kostspielig für einige Wochen. Aber nun haben wir beschlossen, dass das kein Dauerzustand ist.
Wir werden jetzt unser Auto umbauen lassen, damit sind wir um einiges mobiler und ich werde mir einen Elektrorollstuhl zulegen.
Wir werden uns auf ein Leben im Rollstuhl einrichten  – das heisst NICHT, dass ich aufgebe!!! Ich werde weiterhin alles versuchen – aber ich warte nicht mehr darauf irgendwann operiert zu werden.
Sobald unser Auto umgerüstet ist und ich den Rollstuhl habe, werden wir auch verreisen und wieder mehr unter Menschen gehen – ich habe nicht vor die nächsten Jahre mit Warten zu vergeuden.

Aber nun das Wichtigste…. ich suche andere Betroffene, die massive Gewichtsabnahmen UND Knieprothesen haben. Bitte meldet Euch bei mir!! Ich benötige Erfahrungsberichte und Adressen von Ärzten und Kliniken!!
Oder wenn ihr andere Betroffene, Ärzte und Krankenhäuser kennt, bitte meldet Euch bei mir!

1 Comment

  1. […] Dezember 2013 sagte mir (wie Ihr hier im Blog nachlesen könnt) mal wieder ein Arzt, dass ich mich damit abfinden solle, nie wieder gehen zu können. Ich solle […]

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